Man baue das Autobahnnetz zielgerichtet an strategisch wichtigen Punkten aus: Mit diesem Mantra rechtfertigt das Bundesamt für Strassen (ASTRA) den geplanten Fünf-Milliarden-Autobahn-Ausbau. Derweilen das Bundesamt bereits quer durch die Schweiz die nächsten und übernächsten Ausbauschritte plant.

Staukosten in Milliardenhöhe müssten eingespart werden, argumentiert Peter Grünenfelder, Präsident von «auto schweiz». Kosten fiktiver Natur, denn die Zeit, welche die Leute im Stau verbringen, werden mit einem theoretisch definierten Kostensatz hochgerechnet.

Abfluss ohne Ziel

Doch die empirische Forschung zeigt, dass die Zeit, die zu pendeln jemand täglich bereit ist – das sogenannte Reisezeitbudget –, konstant bleibt. Kommen die Leute schneller voran, nehmen sie weitere Wege in Kauf – und umgekehrt. Das weiss die Verkehrswissenschaft seit Jahren. Beim obersten Autolobbyisten ist diese Erkenntnis offenbar noch nicht angekommen. Während die realen Kosten der Staus demnach also gegen null tendieren, wären die Kosten, die durch die Emissionen der zusätzlich gefahrenen Kilometer entstehen, umso höher zu gewichten.

Emissionen, um die sich auch Röthlisberger und Grünenfelder viele Gedanken machen. Schliesslich werden die zwei Herren nicht müde zu betonen, dass sie den Verkehr möglichst aus den bewohnten Gebieten fernhalten wollen. Gerne beschreibt der ASTRA-Direktor das Bild der Autobahn als Drainageleitung, die nicht überlaufen dürfe, da sonst die umliegenden Strassen verstopft würden. Eine fragwürdige Analogie, fliesst doch der Verkehr – ganz anders als das Wasser – nicht einfach über die Grenze und von da ins Meer. Vielmehr verlässt er den Strom auf der Autobahn nach kurzer Zeit, um sich wieder durch Dörfer und Quartiere an sein Ziel zu bewegen.

Elektroautos und Wunschdenken

Vielleicht ist den Verfechtern der automobilen Lebensweise dies aber auch einfach egal? Denn schliesslich sei der Autoverkehr in 20 bis 30 Jahren, wenn diese Ausbauten in Betrieb gehen, komplett elektrifiziert und damit genauso umweltverträglich wie ein elektrisch betriebenes «Bähnli» (O-Ton Röthlisberger in der «Samstagsrundschau» von Radio SRF).

Allerdings zeigt eine 2023 erschienene Studie des Bundesamts für Umwelt (BAFU), dass die CO2-Emissionen pro Person im E-Auto rund sieben Mal höher liegen als beim Bahnverkehr. Daher schreibt auch der Bundesrat in der offiziellen Botschaft zum Ausbau, dass der Mehrverkehr zu einer Mehrbelastung des Klimas führen wird.

Fakt ist auch, dass ein Elektroauto ab Tempo 30 ebenso laut ist wie ein Verbrennerauto. Auch die Feinstaubemissionen durch den Reifen- und Bremsabrieb sind gleich hoch. Bedenkt man das stetig steigende Gewicht der Fahrzeuge, wird sich bei diesen physikalischen Parametern in den nächsten Jahrzehnten nichts zum Guten bewegen. Zieht man noch in Betracht, dass sich das Parlament gerade zum wiederholten Male gegen verbindliche Ziele bei der Elektrifizierung des Strassenverkehrs gestellt hat, basiert also auch diese Argumentationskette vor allem auf Wunschdenken.

Tiefer in die Welt der alternativen Fakten bewegt sich Grünenfelder nur noch, wenn er verschwörerisch davor warnt, dass der Staat den Menschen vorschreiben wolle, wie sie sich fortzubewegen haben. Der Ausbau des Nationalstrassennetzes durch eben diesen Staat wird so zu einer Art Freiheitskampf für die automobilen Bürgerinnen und Bürger verklärt. Eine Freiheit, die man dann aber doch nur nutzen kann, wenn weiter wacker in die ausländische Öl- oder Lithiumindustrie investiert wird.

Bild: Mit künstlicher Intelligenz generiert.